Folgen wir weiterhin der Konzeption der Ökonomisierung, ist nicht auszuschliessen, dass die Staaten und Völker, die zu den Verlierern gehören, ihre Unzufriedenheit sehr heftig zum Ausdruck bringen dürften. Wenn sie mehr und mehr merken, dass man sie aus allen Bereichen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts verdrängt, wird das zu neuen Konflikten zwischen Nationen und Religionen führen. Dagegen ist kein Kraut gewachsen, dagegen helfen auch keinerlei Antiraketenprojekte. Die globale Ökonomisierung wird weiterhin die Weltgemeinschaft in superreiche und superarme Länder spalten. Wer dann die daraus resultierenden Konflikte lösen will, wird zwangsläufig in die Spirale der Gewalt geraten, bei der nur noch extremistische Emotionen und terroristische Technologien das Feld bestimmen. Die nächste Eskalation mündet in Terrorphobien bei den reichen Ländern. Dann ist es auch nicht mehr auszuschliessen, dass ganze Regionen des Erdballs zu Zonen des potentiellen Risikos erklärt werden. Dabei wird man auch nicht mehr daran denken, weshalb die Bewohner solcher Risikozonen dermassen unzufrieden reagiert haben, was die extremistischen Stimmungen und die terroristischen Aktivitäten hervorgebracht hat.


Tschingis Aitmatov
(Cingiz Ajtmatov oder Ajtmatow - Schriftsteller, Botschafter Kirgisistans bei der Europäischen Union) am 10. November 2000 an der ETH Zürich

Quelle: Tages-Anzeiger Archiv


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